Ein Australier erobert die Männer-Bundesliga: Paul Carroll, Diagonalangreifer bei Generali Haching. Foto: Daniel Glasl

16May2011

Prädikat wertvoll: Paul Carroll (Hachinger) ist der MVP der Saison

Es hat etwas Geschichtsträchtiges an sich: Erstmals ehrt die Deutsche Volleyball-Liga den MVP der Saison, sprich den wertvollsten Spieler der Männer-Bundesliga. Und da es ein Australier ist, der sich das Prädikat erspielt hat, bekommt die Auszeichnung sogar eine Bedeutung über die Landesgrenzen hinaus. Paul Carroll, Diagonalangreifer beim Pokalsieger Generali Haching, hat sich unter den 177 Bundesligaspielern, die in der Spielzeit 2010/2011 eingesetzt worden sind, als Most Valuable Player behauptet. Damit ist er nicht nur Star des Monats in der DVL-Kampagne „Echte Menschen. Echte Stars.”, sondern darf sich noch eine Nummer wertvoller fühlen.
 
Die Bildergalerie ist zu finden unter
http://www.volleyball-bundesliga.de/echtestarscarroll
 
Das komplette MVP-Ranking unter
http://www.volleyball-bundesliga.de/1blmmvp

Hinweis in eigener Sache: In der Juni-Ausgabe des volleyball-magazins werden die Ranglisten des deutschen Volleyballs (Frauen und Männer) veröffentlicht. Trainer, Spielführer und Journalisten durften traditionell wieder ihr Votum abgeben. Ob dort Carroll auch der wertvollste Spieler der Saison ist?

Nach jedem Spiel wurden in der 1. Bundesliga die MVP beider Mannschaften mit einer DVL-Medaille ausgezeichnet. Gewählt haben jeweils die Trainer der Teams. Der MVP der Gewinnermannschaft erhielt eine goldene Medaille, der des Verliererteams eine silberne. Acht Mal bekam Paul Carroll nach einem Spiel eine goldene Medaille überreicht und führt damit das Ranking vor dem Moerser Zuspieler Dirk-Jan van Gendt (sieben Gold, drei Silber) und dem für den SCC Berlin spielenden Salvador Hidalgo Oliva an.
 
Der DVL-Vorsitzende Michael Evers lobte die Leistungen des Hachinger Stars: „Es war immerhin seine erste Saison in der höchsten deutschen Spielklasse, in der er sich gleich hervorragend präsentiert hat. Vor allem sein spektakulärer Auftritt beim Pokalfinale Anfang März im GERRY WEBER STADION wird uns in toller Erinnerung bleiben.” Damals hatte Paul Carroll im Entscheidungssatz gegen den VfB Friedrichshafen mit vielen Punkten großen Anteil am Pokalsieg der Hachinger. „Wenn das Spiel eng wird, dann will ich den Ball. Am Ende des fünften Satzes fühlte ich mich unstoppable”, wurde er nach dem Titelgewinn zitiert. Verdientermaßen wurde er anschließend auch hier zum MVP gewählt.
 
Es war nicht die einzige MVP-Medaille in einem Spiel gegen den alten und neuen Deutschen Meister, der vor Wochenfrist seinen zwölften Meistertitel gewonnen hat. Auch beim 3:2 Sieg im Hinspiel der Normalrunde gegen den VfB war Carroll der wertvollste Akteur.
 
Dass es den 24-Jährigen überhaupt nach Haching verschlagen hat, verdankt er einem guten Zeugnis, das ihm sein Landsmann Steve Keir ausgestellt hat, der in der vorletzten Saison bei den Bayern unter Vertrag stand. Carroll spielte damals im italienischen Forli, war aber alles andere als glücklich: „Auf dem Feld lief es gut, aber im Training gab es oft schlechte Stimmung und Trainer sowie Management haben sich sehr negativ gegenüber dem Team verhalten.” In Haching stimmte es dagegen wieder, sagt er: „Hier unterstützen sich alle gegenseitig, die mit dem Team zu tun haben. Das macht viel mehr Spaß.”
 
Für Carroll, der mit Freundin Erin nach München gekommen ist, war das Leben in Deutschland eine neue Erfahrung. „Ich habe natürlich auch die bayerischen Lebens- und Essgewohnheiten ausprobiert.” Zum Beispiel weiß er jetzt, dass die Deutschen gern Fleisch essen, am liebsten vom Schwein, dass sie gern ihre Speisen salzen, „obwohl die schon genug gesalzen sind”, und dass sie in Bayern mit Vorliebe Weißwurst essen und Weißbier trinken. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie an einem Vormittag ein Bier getrunken. Hier ging das irgendwie.” Aber natürlich nur in Ausnahmen, denn in erster Linie hatte er den Auftrag, als Profi für Punkte zu sorgen.
 
Was er denn auch tat. In der Bundesliga gäbe es zwar eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, lautet sein Urteil. Dennoch sei die Herausforderung sehr hoch gewesen: „Es war enorm wichtig, jedes Spiel hoch konzentriert anzugehen, weil auch die Teams in den unteren Regionen das Zeug haben, die Topmannschaften zu schlagen.” Unrühmlich sei der eigene Abgang aus der Meisterschaft gewesen, als Haching in den Play-off-Halbfinals zwei Niederlagen (1:3 zuhause und 0:3 auswärts) gegen den SCC Berlin kassierte und der Traum vom ersten Meistertitel wieder mal geplatzt war. „Wir haben von Dezember bis März tollen Volleyball gespielt. Aber in den Play-offs waren wir schwach, während Berlin gegen uns seine beste Saisonleistung gezeigt hat.” Am Ende wurde auch die Akte „Paul Carroll in Haching” zu geklappt. Der 2,05 Meter große Australier, der im Alter von 17 in einem Jahr um 25 Zentimeter gewachsen ist, ist auf der Suche nach einer neuen Herausforderung an anderer Wirkungsstätte. „Wo es mich hinzieht, kann ich noch gar nicht sagen.”
 
In der Heimat hat der Verband die Mittel für die Nationalmannschaft gekürzt und auf einen Trainer verzichtet, weshalb sich Carroll schwerlich vorstellen kann, in diesem Jahr weiter für Australien zu spielen. 121 Länderspiele hat er auf dem Konto. 2007 spielte er beim World Cup in Japan mit, wo er im Ranking der Punktesammler Zweiter war hinter dem Puerto Ricaner Hector Soto. 2010 hat Carroll an der WM in Italien teilgenommen, wo Australien aber nicht über die Vorrunde hinaus kam.
 
Unmittelbar nach der WM folgte der Umzug in bayerische Gefilde und nun suchen Paul und Erin eine neue Bleibe. Doch erst einmal geht es zurück in die Heimat. Am 16. Mai, am Tag seines 25. Geburtstages, hebt der Flieger ab. Gut möglich, dass er in der nächsten Saison wieder in der Bundesliga für Furore sorgen wird. Angebote gäbe es, sagt er. Eine Auszeichnung als MVP der Deutschen Volleyball-Liga kann er jedenfalls schon mal in seine Bewerbungsmappe packen. „Und darauf bin ich stolz.”
 
Steckbrief: Paul Carroll
Geburtsdatum: 16.05.86
Geburtsort: Taree/Australien
Größe: 2,05 Meter
Beruf: Profi
Position: Diagonalangriff
Länderspiele: 121 (Australien)
Bisherige Vereine: Forster High School (Australien), Pepperdine University (Kalifornien/USA), Forli (Italien), Generali Haching
Sportliche Erfolge: Gewinn der Asienspiele 2007 mit Australien, Pokalsieger 2011 mit Generali Haching, MVP der Deutschen Volleyball-Liga in der Saison 2010/2011

Von:  DVL

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