Geschafft: Friedrichshafen steht im Viertelfinale der Champions League. Foto: CEV

09Feb2012

Friedrichshafen im Viertelfinale der Königsklasse

Das Spotlight durchschneidet wie ein langer Finger die Dunkelheit. Im Lichtkegel wabern Nebelschwaden, aus denen sich langsam baumlange Gestalten lösen. Aus riesigen Boxen dröhnt der Status-Quo-Klassiker „Whatever you want”, der sich mit wilden Trommelschlägen und dem Jubel tausender Fans vermischt. Grüne Leuchtstäbe fliegen aufs abgedunkelte Spielfeld, es sieht aus, als würde ein Heer von Glühwürmchen durch die Berliner Max-Schmeling-Halle schwirren. Dann präsentiert ein Moderator die Spieler; Beifall nach jedem Namen. So wird das auch am Samstag ablaufen, bei einem der Klassiker der Bundesliga: Vizemeister Berlin gegen Meister Friedrichshafen. Volleyball als Show, mit Rock-Star-Doubles und Rockn’ Roll-Dance-Group, das gibt es seit Saisonbeginn in dieser Ausprägung nur in Berlin.

Das Berliner Team hat sich umbenannt, aus dem SC Charlottenburg sind die Berlin Recycling Volleys geworden, der Klub ist von der kalt-nüchternen Sömmeringhalle in die vier Mal größere Schmeling-Halle umgezogen. Volleyball wird jetzt zelebriert. „Dieser Umzug war der richtige Schritt”, sagt Stelian Moculescu, der Trainer des VfB Friedrichshafen. „Was Berlin dort jetzt aufzieht, ist genau das, was der Volleyballsport in Deutschland braucht.” Auch Friedrichshafens Manager Stefan Mau konstatiert: „Es ist gut, dass jetzt alle Heimspiele in der Schmeling-Halle ausgetragen werden. Dort ist eine begeisternde Atmosphäre.”

In der vergangenen Saison verfolgten 8045 Zuschauer das Liga-Spiel des SCC gegen den VfB Friedrichshafen, noch nie hatten in so viele Fans ein Bundesligaspiel besucht. Damals zog der SCC nur zu besonderen Spielen in die Schmeling-Halle, jetzt sind die Volleys dort Dauergast. „Wir wollen nicht bloß den VfB Friedrichshafen als Meister ablösen”, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand, „wir wollen auch Lokomotive für die anderen deutschen Klubs sein.” Volleyball als Marke soll sich stärker durchsetzen, das ist der Plan. Am Samstagabend hoffen die Macher bei den BR Volleys erneut auf einen rekordverdächtigen Zuschauerzustrom.

Stelian Moculescu: „Wir haben keine Angst, aber viel Respekt”
Stefan Mau kann das nur unterstützen. „Es ist gut, dass es einen starken Hauptstadtklub gibt. Wir müssen die Bundesliga wieder stärker machen.” Jetzt könnten drei Mannschaften ins Finale vordringen, Friedrichshafen, Berlin und Haching. In der vergangenen Saison wollten 2800 Zuschauer in Friedrichshafen in der normalen Runde das Heimspiel gegen den SCC sehen, in dieser Saison kamen schon 3200 Zuschauer und feierten den 3:1-Sieg des VfB. Im Play-off-Finale gegen den SCC füllten dann 3700 Zuschauer die Halle.

Ein zusätzlicher starker Konkurrent ist schon wegen seiner Fans wichtig für den VfB Friedrichshafen. Diese Fans sind verwöhnt, sie brauchen neue Reize. „Berlin ist eines der besten Teams in Deutschland”, sagt Moculescu, „und nach wie vor einer der Topanwärter auf die Deutsche Meisterschaft. Wie stark die Berliner sind, haben sie in Haching gezeigt. Haching schlägt man nicht eben im Vorbeigehen 3:0.” Moculescu hat dieses 3:0 im Kopf, er hat die 8045 Zuschauer im Kopf, deshalb sagt er: „Wir haben keine Angst vor Berlin, aber viel Respekt. Ich denke, wir müssen uns dort warm anziehen.”

Der Branchenprimus vom Bodensee reist einerseits mit dem Selbstvertrauen und der Klasse eines Champions-League-Viertelfinalisten, andererseits mit 124 Spielminuten in den Beinen in die Hauptstadt. Während Tabellenführer Generali Haching am Mittwoch in der europäischen Königsklasse gegen Novosibirsk ausschied, behielten die „Häfler” in einem packenden Fünf-Satz-Krimi im Achtelfinal-Rückspiel in Tours mit 3:2 (25:20, 20:25, 15:25, 27:25, 16:14) die Oberhand und zogen damit ins Viertelfinale ein. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie auch aus einem Tal zurückkommen kann”, sagt Moculescu. „Und das nicht gegen irgendwen, sondern gegen eine so gute Mannschaft wie Tours.”

VfB-Manager Mau: „Ein Finalspiel hätte drei Millionen TV-Zuschauer”
Nach dem Sprung unter die besten acht Teams Europas ein spannendes Duell in Berlin, möglicherweise vor der nächsten Rekordkulisse - das ist der Stoff, aus dem auch Stefan Maus Träume sind. Das bringt die nächsten Schlagzeilen, Mau denkt ebenfalls strategisch. „Wenn wir spannenden Sport zeigen, kommen Zuschauer, dann kommen Medien, dann werden Sponsoren aufmerksam.” Und irgendwann, hofft er, übertragen auch mal ARD und ZDF Finalspiele. Ohne nationale TV-Sender geht nichts auf Dauer, sagt Mau. Die starke Marke Berlin bringt, eng betrachtet, ihm in Friedrichshafen erst mal gar nichts. Seine Sponsoren sind regionale Geldgeber, die hat er, ob sie in Berlin als SCC oder als Berlin Recycling Volleys antreten. Neue Sponsoren kommen nur, wenn der VfB in der ARD oder im ZDF auftreten. Das gelte auch für andere Teams. Und Volleyball, sagt Mau auch, besitze doch Potenzial. „Ich bin sicher, dass ein Finalspiel im Fernsehen drei oder vier Millionen Zuschauer hätte.”

Um irgendwann mal soweit zu kommen, muss die Lokomotive Berlin Recycling Volleys aber unter vollem Dampf stehen. „Die Berliner”, sagt Mau, „müssen sportliche Erfolge liefern, sonst nützt die tolle Atmosphäre auf Dauer nichts.” Der kurzfristig nächste Erfolg wäre ein Sieg gegen Friedrichshafen am Samstag. Ihren Heimvorteil jedenfalls nützen die Volleys ausgiebig: Seit Mittwoch trainieren sie in der Schmeling-Halle.

Ergebnisse vom 08. Februar
Champions League (Rückspiele Play-off 12)

Lokomotiv Novosibirsk/RUS – Generali Haching 3:0 (19:25, 19:25, 16:25)
Tours VB/FRA – VfB Friedrichshafen (20:25, 25:20, 25:15, 25:27, 14:16)

1. Liga Männer
11.02. 19:00 Netzhoppers KW-Bestensee – VC Gotha (Landkost-Arena Bestensee)
11.02. 19:30 CV Mitteldeutschland – TV Bühl (Jahrhunderthalle Spergau)
11.02. 19:30 Berlin Recycling Volleys – VfB Friedrichshafen (Max-Schmeling-Halle)
12.02. 16:00 RWE Volleys Bottrop – Moerser SC (Dieter-Renz-Halle)
12.02. 17:00 EnBW TV Rottenburg – evivo Düren (Paul-Horn-Arena)

Von:  DVL/Frank Bachner

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