Kritik wie Hammerschläge: Georg Grozer zeigt in London, dass er nicht nur auf dem Spielfeld austeilen kann

05Aug2012

Olympia: Georg Grozer kritisiert den DVV

Bislang ist Georg Grozer noch nicht als unbequemer Athlet aufgefallen, im Gegensatz zu seinem Vater gilt Deutschlands bester Volleyballer als pflegeleicht. Das hat sich gestern geändert, bei einem Medientreffen in der Lounge des Volleyball-Weltverbandes FIVB holte Grozer zum Rundumschlag aus. Mitten im olympischen Turnier ist der 27-Jährige auch verbal in die Offensive gegangen. „Wenn nichts passiert, werde ich die Konsequenzen ziehen. Es kann gut sein, dass ich aus der Nationalmannschaft zurücktrete.“

Bumm, der Satz saß wie ein Schmetterschlag von „Hammer Schorsch junior”. Später relativierte Grozer diese Aussage zwar gegenüber dem SID und gab an, nie mit Rücktritt gedroht zu haben, doch seine generelle Kritik hält er aufrecht. „Schau dir mal an, was sie beim Weltverband machen, wie sie uns präsentieren”, sagt er und zeigt auf die Poster mit den Helden seiner Sportart: „Aber bei uns, da kriegen sie es nicht hin. Die Unterstützung ist viel zu gering. Dabei haben wir eine Mannschaft, die mit dem Herzen spielt, weil sie Volleyball liebt.” Dieses Engagement, so lautet der pauschale Vorwurf, werde viel zu wenig gewürdigt, und das löst beim Nationalspieler Frust aus. Das Gegenbeispiel hat Grozer zwei Jahre als Profi beim polnischen Meister Asseco Resovia Rzeszow erlebt. „In Polen”, sagt Grozer, „wird geschätzt, was die Spieler machen. Dort werden sie auf Händen getragen. Bei uns kriegen sie das nicht hin.”

Sein Vater Georg Grozer senior kann seinen Sohn verstehen. „Das letzte Land in Ost-Europa tut mehr für seine Spieler. Immer nur nehmen, nehmen und nehmen, aber nix geben”, sagte er. Das sind schwere Vorwürfe gegenüber den Funktionären des DVV. 

Grozer nennt zwei konkrete Beispiele, die ihn ärgern. Er habe das Problem mit der Versicherung mehrmals thematisiert, geholfen worden sei ihm von Verbandsseite nicht. Nun spielt er auf eigenes Risiko. „Wenn ich mich bei der Nationalmannschaft verletze, werde ich von meinem Klub gekündigt.” Für DVV-Sportdirektor Günter Hamel ist das „ein Standardthema, das alle Sportler betrifft, die Saisonverträge im Ausland abschließen und ihre Versicherung in Deutschland aus Kostengründen kündigen.” Gerade bei den Volleyballern, die von einer Krankenversicherung gesponsert werden, gäbe es durchaus Angebote, allerdings sei „der Streitpunkt, wer das bezahlt”, betont Hamel: „Wir meinen, dass die Sportler als gut verdienende Profis selbst dafür verantwortlich sind.”

DVV-Präsident Werner Graf von Moltke sagt: „Wir sind seit eineinhalb Jahren dran, aber da gibt es offene juristische Fragen.” Von Moltke kündigte an, er werde die DOSB-Spitze in dieser Frage nach Olympia um Unterstützung bitten.

Das zweite Problemfeld ist die Meldepflicht für Nationalspieler, um jederzeit Dopingkontrollen durchführen zu können. Wird ein Sportler drei Mal zu einer unangekündigten Kontrolle nicht dort angetroffen, wo er seinen Aufenthaltsort angegeben hat, gilt das als positiver Befund. Mit der Konsequenz einer einjährigen Sperre für Nationalmannschaft und Verein. „Das kann ich mir nicht leisten, schließlich muss ich meine Familie ernähren und Rechnungen bezahlen. Ich bin ein spontaner Mensch und gehe gern einfach mal so in den Wald”, erzählt er. „Ich will nicht ständig online sein, um mitzuteilen, wo ich gerade bin.” In Ländern wie Polen gäbe es ein solch enges System nicht, „und deshalb sehe ich es nicht ein, dass ich das Risiko eingehen soll, meinen Job zu verlieren, den ich brauche.”

Auch dies ist ein Thema, das auf den Tisch muss. „Von mir wird noch in diesem Sommer etwas in Richtung Verband kommen”, kündigt Grozer an. „Und dann schaue ich, wie die Reaktion ist. Einer muss voran gehen”, sagt Deutschlands „Volleyballer des Jahres”: „Am besten einer, der in den Medien präsent ist.” Hamel, der heute in London eintrifft, weiß nun, dass es Rede- und Handlungsbedarf gibt. „Wir werden das Gespräch mit Georg suchen – wenn nötig noch während des Turniers.” Auch von Moltke, der am Montag bei den Olympischen Spielen eintrifft, will mit Grozer sprechen, um eine Basis für die Zukunft zu schaffen.

Von:  fex

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