Geschafft: Die DVV-Frauen stehen im Halbfinale der EM. Foto: CEV

11Sep2013

Frauen-EM: Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin

Eigentlich wollte Thomas Krohne seinen derzeit wichtigsten Angestellten in Ruhe lassen. Doch dann hielt es der Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) nicht mehr aus und griff am späten Dienstag Abend doch noch zum Telefonhörer. Am anderen Ende der Leitung nahm Giovanni Guidetti den Anruf entgegen, der Bundestrainer lieferte Krohne Informationen aus erster Hand. Der Tenor: Kroatien, Gegner im Viertelfinale der Heim-EM, sei zwar eine echte Hausnummer aber dennoch durchaus schlagbar.

Krohne, der Mann aus Bremen, und den Italiener Guidetti teilen die felsenfeste Überzeugung, dass Deutschlands Volleyballerinnen beim kontinentalen Gipfeltreffen den Titel gewinnen können. Bislang sind die beiden Super-Optimisten noch keines Besseren belehrt worden. Im Gegenteil, sie sind mit ihrem Projekt Gold auf die Zielgerade eingebogen. Am Mittwoch gab es vor 6600 euphorischen Zuschauern im ostwestfälischen Halle mit 3:0 (25:23, 25:23, 25:18) einen überaus überzeugenden Sieg, der den Weg ins Halbfinale ebnete. „Wir sind einfach nur glücklich”, sagte Heike Beier nach dem Matchball, „diese Stimmung ist ganz schwer zu toppen.”

Am Donnerstagmorgen um 8.30 Uhr machen sich Guidetti und sein Team auf den Weg nach Berlin, wo am Freitag in der Max-Schmeling-Halle mit Belgien der nächste Gegner wartet. Wie es nun weiter geht, weiß Heike Beier genau: „Gut regenerieren und dann wieder alles raushauen.” Nach dem Willen aller Beteiligter soll es die vorletzte Etappe auf dem Weg zum Gipfel sein, und nach vier Siegen in Folge gibt es niemanden mehr, der diesem Team den großen Wurf nicht zutrauen würde.

Was auf die deutsche Mannschaft an diesem Abend im zweckentfremdeten Tennisstadion zukommen würde, hatte Mittelblockerin Christiane Fürst nach dem Studium des 3:2-Siegs der Kroatinnen gegen die Niederlande so formuliert: „Das ist ein starker Gegner mit erfahrenen Spielern, aber auch einigen jungen Krachern. Sie spielen aber nichts Überraschendes, haben ein klar strukturiertes Spiel.” Das war fein beobachtet, die feine Klinge war es nicht, die der Gegner vom Balkan schwang, eher war es die Keule.

Kroatien schickte ein athletisch enorm starkes Ensemble aufs Feld, das versuchte, seine Größenvorteile gewinnbringend einzusetzen. Darauf waren die deutschen Spielerinnen von Guidetti jedoch eingestellt worden und fanden die geeigneten Gegenmaßnahmen. Es ging im ersten Satz zwar ein wenig holprig los – eine schlechte Annahme von Heike Beier und ein verschlagener Angriff von Maren Brinker sorgten für einen schnellen 0:2-Rückstand, doch schnell fanden die Gastgeberinnen in die Spur. In der Folgezeit zeigten die gefährlichen Aufschläge und die schnellen Kombinationen am Netz immer mehr Wirkung. Bei 17:12 schienen Spielführerin Margareta Kozuch und ihre Kolleginnen alles im Griff zu haben, brachten die Kroatinnen durch Nachlässigkeiten zurück ins Spiel.

Doch beim Spielstand von 20:22 stachen die Trümpfe, auf die sich die deutschen Volleyballerinnen fast immer verlassen können: Leidenschaft, Glaube und ein nie nachlassender Kampfeswille. Deutschland drehte den Satz und stellte damit die Weichen auf Sieg. Die Kroatinnen zeigten sich beeindruckt von der Moral ihres Gegners, zudem war dem Team nun mehr und mehr anzumerken, dass es beim Qualifizierungsspiel am Vortag gegen Holland fünf harte Sätze absolvieren musste, während die Deutschen als Gruppensieger direkt ins Viertelfinale gesprungen waren.

Im zweiten Satz dominierten die Frauen in schwarz das Geschehen, um es am Satzende dann doch noch mal spannend zu machen: Erst als es nach sechs vergebenen Satzbällen richtig eng wurde, versenkte Margareta Kozuch den einen Angriff, der zur 2:0-Führung nötig war. Es war ein großer Schritt aber noch nicht die Entscheidung. Es blieb in jedem Ballwechsel knallharte Arbeit, die sich jedoch auszahlte: Nach 86 Minuten Spielzeit fiel der Matchball unter dem Jubel der Fans im kroatischen Feld zu Boden. Die Hauptstadt darf sich auf eine Endrunde mit deutscher Beteiligung freuen, nach dem Spiel brüllten Deutschlands Spielerinnen den Klassiker ins Hallenmikrofon: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“

Das zweite Halbfinale bestreiten Russland und Serbien, die ihre Viertelfinals gegen die Türkei und Italien jeweils mit 3:0 gewonnen haben. Das erste Halbfinale findet am Freitag um 17 Uhr statt, Deutschland spielt gegen Belgien ab 20 Uhr.

Von:  fex

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