Hanka_Pachale

Hanka Pachale am Beginn ihrer Karriere

1997 besuchten wir Hanka Pachale in Schwerin. Eine junge Spielerin auf dem Sprung einer Karriere, die in Italien mit dem zweimaligen Gewinn der Champions League gekrönt werden sollte. Doch damals war an solche Höhenflüge noch nicht zu denken. Hanka Pachale war zum Zuschauen verurteilt – die Hand war gebrochen.

Es ist schon zum Verzweifeln, wenn sich die Mitspielerinnen auf dem Spielfeld abquälen und einem selbst bleibt nur die Rolle des Betrachters. Eine Volleyballerin mit eingegipster Hand, das ist wie ein Maler, der sein Augenlicht verloren hat. Was bleibt, wenn sich ein Künstler seiner originären Daseinsberechtigigung beraubt sieht? Untätiges Zuschauen und pure Verzweifelung. Hanka Pachale kann davon Geschichten erzählen. Sie hat zuletzt die gesamten Qualen einer verletzten Leistungsträgerin durchlitten. Sie hat  auf der Bank des Schweriner SC geflucht, geschrien, gehadert und möglicherweise  gehofft, der gebrochene Mittelfinger möge wie durch ein Wunder jetzt und in diesem Moment wieder zusammenwachsen, damit sie zurückeilen könne auf’s Spielfeld.

So emotional wie bei ihrer unfreiwilligen Zuschauerrolle tritt Hanka Pachale sonst selten auf. Im wahren Leben ist sie ein ruhiger, besonnener Typ. Im Gespräch nimmt sie sich nach Fragen schon mal eine längere Auszeit, bevor sie sich zu einer Antwort entschließt. Die ist dann jedoch meistens fundiert. So etwas fällt auf in der schnellebigen Welt des Spitzensports, in der die Statements oft flapsig und unreflektiert rausgehauen werden. So hat die ,Süddeutsche Zeitung’ festgestellt, Hanka Pachale sei „in ihrer nachdenklichen Art der charakterliche Gegenentwurf zu Sylvia Roll”.

Komisch, der Vergleich  mit der ,Volleyballerin des Jahres’ bleibt nicht aus, wenn es um Hanka Pachale geht. Beide gelten als Deutschlands größte Vol­leyball-Hoffnungen, beide sollen die DVV-Auswahl nach Sydney schmettern, beide spielen in Schwerin, und doch sind sie durch und durch unterschiedliche Typen. „Im Gegensatz zu mir macht sie sich halt keinen Kopp”, sagt Hanka Pachale über ihre Mitstreiterin, doch das klingt nicht überheblich oder gar despektierlich. Von einem angespannten Verhältnis, was viele den beiden Jungprofis nachsagen, will sie nichts wissen. „Die Leute sehen Probleme zwischen uns, die eigentlich gar nicht da sind.” Solange der eine den anderen in seiner Art akzeptieren könne, gäbe es keinen Grund für Schwierigkeiten.

Manchmal wünscht sich Hanka Pachale sogar ein wenig von der lockeren Ungezwungenheit ihrer Kollegin: „Ich bin ein Typ, der grübelt und grübelt. Oft wäre es nützlich, weniger nachzudenken, aber auf der anderen Seite ist es gerade das, was mich ausmacht.” Nein, ein Filou, wie die Syl­via ist Hanka Pachale nie gewesen. Sturm- und Drangzeiten hat sie nicht erlebt. Sie hatte kaum einmal das Verlangen, im jugendlichen Übermut über die Stränge zu schlagen. „Es kommt eigentlich selten vor, daß ich kompletten Schwachsinn Rede”, sagt sie über sich. Bereits mit 20 Jahren ist Hanka Pachale so weit, ein erstes Resumee zu ziehen: „Ich bin kein Youngster mehr.”

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