Mireya Luis und Kuba

Kubas Jahrhundertmannschaft

In den 90er Jahren erschmetterten sich Kubas Volleyballerinnen Legendenstatus. Staatspräsident Fidel Castro liebte es, sich mit den
Heldinnen wie der unvergleichlichen Mireya Luis (Foto oben) zu zeigen. Doch das Leben auf der Karibikinsel bot nicht nur Glamour. Bei einem Besuch in Marl erzählte die frühere Weltklassespielerin Josefina Capote. So berichtete das vm:

"Der Blick aus dem Küchenfenster ist malerisch: Im angrenzenden Park spielen Kinder im Schnee, alles glänzt weiß. Auch das Revierstädtchen Marl ist vom Wintereinbruch nicht verschont geblieben. Es ist wahrlich ein ungewöhnliches Ambiente, um sich dem Thema Kuba zu nähern. Winter, Kälte, Schnee – das alles ist in der Karibik unbekannt wie Palmen in Sibirien.

Doch Josefina Capote lebt nicht mehr auf der Insel. Vor sieben Jahren ist die frühere Weltklassespielerin nach Deutschland gekommen. Der Liebe wegen. Die Beziehung ist inzwischen zerbrochen, doch die 48-Jährige ist geblieben. Zwei Kinder hat sie mitgebracht, Carlos (20) spielt beim Moerser SC in der ersten Liga, Ana (16) geht in Schwerin zur Schule und kommt beim Zweitligisten VC?Parchim zum Einsatz. Dazu kommt als Jüngster der in Deutschland geborene Lucas (5). Josefina Capote ist längst in Deutschland heimisch geworden, ihre Wurzeln liegen jedoch in Kuba.

Dort, einige tausend Kilometer westlich über den Atlantik, ist sie zur Klassespielerin gereift. Wie so viele andere auch in einer Sportart, die wie gemacht ist für die sprunggewaltigen und katzenanmutigen Athletinnen. 1983 wurde Josefina Capote zur weltbesten Spielerin gekürt, beim World Cup 1985 erhielt sie die Auszeichnung als wertvollste Spielerin.

Kubas Volleyballerinnen – das ist eine der eindrucksvollsten Erfolgsgeschichten, die der Sport am Netz zu bieten hat. In den 90er Jahren räumte das Team von der Zuckerinsel alles ab. Wann immer große Titel verteilt wurden, standen die Frauen mit den rot-weiß-blauen Einteilern ganz oben auf dem Podest. Jubelnde Kuba­ner­innen, das war ein gewohntes Bild. Drei Mal Olympiasieger, drei Mal Weltmeister – das waren die größten Erfolge. Fidel Castro, der mächtige Staatspräsident, schmückte sich nur allzu gern mit den attraktivsten Botschafterinnen seines Staates. Wenn Kubas Volleyballerinnen mal wieder mit Gold in die Heimat zurückkehrten, ließ es sich der Maximo Lider nicht nehmen, die Stars persönlich am Flughafen abzuholen und im Präsidentenpalast zu empfangen.

Und er sorgte dafür, dass die Spielerinnen mit einem Lada ausgestattet wurden, ein Privileg, das auf Kuba nur die High Society genoss.
Die Volleyballerinnen hatten in ihrer Heimat den Status von Heldinnen, dabei mussten sie unter Bedingungen trainieren, über die Besucher aus dem reichen Westeuropa nur den Kopf schütteln konnten. Wer das Trainingszentrum in Havanna betrat, sah eine marode Halle mit schummriger Beleuchtung, in der der Putz von den Wänden bröckelte. Bei normalen Bedingungen war es schwül und stickig, an eine Klimaanlage war nicht zu denken. Schlimmer wurde es, wenn es regnete. Dann lief das Wasser die Wände herab, weil die Fenster kaputt waren oder sich die intakten nicht richtig schließen ließen. Und im Kraftraum gab es außer ein paar Langhanteln und den dazugehörigen
Gewichtscheiben nichts.

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