Überraschung: Bulgarien (im Angriff) gewinnt gegen Brasilien mit 3:0. Foto: FIVB

03Oct2010

FIVB-Präsident Wei will Tricksereien beenden

Gewollte Pleiten, getürkte Lose, bevorteilte Gastgeber – die Weltmeisterschaft in Italien wird zur Farce, wie der Sportinformationsdienst in einer umfangreichen Berichterstattung meldet: Um in der entscheidenden dritten Runde eine leichtere Gruppe zu erwischen, verlor Mitfavorit Russland absichtlich sein Spiel gegen Spanien nach 2:0-Führung mit 2:3. Schuld am Betrug ist nach Meinung der Teams jedoch vor allem der FIVB, der mit dem seltsamen WM-Spielsystem Manipulationen provoziert und selbst zu Gunsten von Italien getrickst haben soll.

„Das kann ich nicht akzeptieren. Schuld hat nicht die FIVB, sondern die Teams“, sagte Weltverbands-Chef Jizhong Wei. Der Chinese war in Catania Zeuge der gewollten Russland-Pleite und schäumte vor Wut: „Das war kein Fairplay und wird Konsequenzen haben.“ Beim Stand von 2:0 hatte Russlands italienischer Cheftrainer Daniele Bagnoli den Großteil seiner Stammspieler ausgewechselt. Die grinsten draußen am Spielfeldrand später um die Wette, als beim 13:13 im entscheidenden fünften Satz plötzlich kein russischer Block mehr am Netz existent war. Die Riesen wollten so als Gruppenzweiter Weltmeister Brasilien in der dritten Runde aus dem Weg gehen.

„Es war nicht wichtig zu gewinnen, sondern die nächste Runde zu erreichen. Ich mache immer das Beste für mein Team“, sagte Coach Bagnoli und gab damit den Betrug indirekt zu. Der deutsche Nationalspieler Max Günthör sprach Klartext: „Das war geschoben.“ Profiteur waren die Spanier mit ihrem berühmten Trainer Julio Velasco. Der war zum einen entsetzt über seinen russischen Kollegen: „Ich spiele nie ein Spiel, um zu verlieren. Und werde es auch nie tun, selbst wenn ich deshalb eine WM oder Olympia verlieren.” Zum anderen griff er den Weltverband offen an.

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„Die internationale Föderation muss über die Formel der WM nachdenken. Es ist okay, wenn man dem Gastgeber etwas hilft, aber es gibt ein Limit für alles. Das ist die unbalancierteste WM der Geschichte“, sagte Velasco, der mit Italien selbst einst Weltmeister geworden war. Schon bei der Auslosung scheint nicht alles mit rechten Dingen zugegangen zu sein, denn die international in den vergangenen Jahren nur mittelmäßigen Italiener hatten die mit Abstand leichteste Gruppe (mit Japan, Ägypten und Iran) zugelost bekommen. Spekulationen über größere und kleinere Losbälle machten die Runde.

Auch in der entscheidenden dritten Runde haben die Gastgeber auf dem Weg ins Halbfinale auf wundersame Weise lösbare Aufgaben bekommen, während sich in der anderen Hälfte des Feldes Weltklasse-Teams wie Weltmeister Brasilien, Russland oder der WM-Dritte Bulgarien, Russland, Sydney-Olympiasieger Serbien und Kuba tummeln. Schon in der Vorrunde hatte es beim Versuch, in die leichte Italien-Hälfte zu kommen, seltsame Ergebnisse gegeben - wie das 1:3 von Serbien in der deutschen Gruppe gegen Kanada.

Und auch die Dreiergruppen in Runde zwei, in denen zwei Mannschaften die Runde der letzten Zwölf erreichen, laden regelrecht zum Tricksen ein. Sportlich unfair ist zudem, dass die Niederlagen aus Runde eins und zwei nicht mitgenommen werden - so schaffte es Deutschland mit nur zwei Siegen bei drei Niederlagen unter die letzten Zwölf der WM und Russland konnte ohne Probleme absichtlich verlieren. Am Samstag leistete sich schließlich noch Brasilien ein 0:3 gegen Bulgarien und rutschte damit als Zweiter der Gruppe N in die deutsche Drittrundengruppe.

Bei der kommenden Frauen-WM in Japan wird nach einer ganz anderen Formel gespielt, in der Niederlagen in den Vorrunden gnadenlos bestraft werden. Um das angekratzte Image der FIVB nicht weiter zu beschädigen, hat Präsident Wei schon angekündigt, dass die Trickserei von Italien eine einmalige Angelegenheit bleiben soll. „Wir arbeiten daran. Schreiben Sie über diese Sache in der Presse“, sagte Wei. Er hatte die Pressekonferenz nach dem Skandal-Spiel als aufmerksamer Zuschauer verfolgt.

 

Von:  sid

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