Giovanni Guidetti soll weiterhin als Frauen-Bundestrainer arbeiten. Foto: FIVB

13Oct2014

DVV-Frauen: Weiter mit Guidetti – aber es gibt noch viel zu bereden

Nach dem enttäuschenden Rang neun bei der WM in Italien wurde im Lager der deutschen Frauen viel diskutiert über die Zukunft: Mit Giovanni Guidetti als Bundestrainer? Oder ohne den Italiener? Wie sieht die Analyse der WM aus? Zumal unter der Woche Mittelblockerin Christiane Fürst mächtig Dampf abgelassen hatte in einem Interview mit den Dresdner Neuesten Nachrichten, wie die Deutsche Presse-Agentur meldete. Dort hieß es unter anderem: „Das Verhältnis zu ihm hat sich in den letzten eineinhalb Jahren verschlechtert. Er hat uns Spielerinnen durch Nicht-Kommunikation und auch durch Nicht-Anwesenheit das Grundvertrauen entzogen”, so Fürst. 

Am Wochenende gab es in München ein Treffen zwischen DVV-Präsident Thomas Krohne und seinem Bundestrainer. In unten stehendem Interview kündigt Krohne an: „Michael Evers (Anm.: Vizepräsident Sport) und ich wollen uns mit Mannschaft und Trainer zusammensetzen, um diese notwendigen Gespräche zu moderieren und zu begleiten.” 

In der am Donnerstag (16. Oktober) erscheinenden November-Ausgabe des Volleyball-Magazins lesen Sie eine umfangreiche Analyse zum Abschneiden der deutschen Frauen von vm-Chefredakteur Klaus Wegener, der das Team vor Ort begleitet hat.

Hier das auf der Website des DVV veröffentlichte Interview mit DVV-Präsident Thomas Krohne.

Nach der WM ging es rund um die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hoch her: Es gab öffentliche Vertrauensfragen, Anschuldigungen und vor allem viele Emotionen.
Krohne: „Zunächst einmal: Ich habe ein großes Verständnis für Emotionen auf allen Seiten bei einem so nervenaufreibenden Turnier wie der WM, bei der der Druck auf alle enorm ist. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich dann auch sehr emotional werden kann. Diese Emotionen nach großen Spielen gehören zum Sport und niemand, der für ein Turnier alles gibt, kann sich davon frei machen. Was aber keinem der Beteiligten hilft, ist es, diesen Emotionen unmittelbar und öffentlich so wie jetzt teilweise geschehen freien Lauf zu lassen. Die Analyse der WM und der Ursachen für unser Abschneiden gehören zunächst sinnvoll hinter geschlossene Türen. Hier können sie offen und in der Sache gern auch hart diskutiert werden, aber das gibt allen Beteiligten die Gelegenheit, die Dinge zunächst einmal sacken zu lassen und auch das Gesicht zu wahren. Ich glaube, das haben zwischenzeitlich auch alle Beteiligten verstanden.“

Wie bewerten Sie denn persönlich den Ausgang der WM?
Krohne: „Ich denke, wir müssen die Kirche auch ein kleines bisschen im Dorf lassen: Ein neunter Platz bei einer WM ist keine Katastrophe, aber auch nicht das, was wir uns gewünscht haben und was mit dieser Mannschaft möglich wäre. Es waren auch knappe Niederlagen mit 2:3-Sätzen dabei, bei einem anderen Ausgang dieser Spiele wäre zumindest eine Platzierung unter den besten sechs Teams der Welt gesichert gewesen. Auf dieser soliden Ausgangsbasis hat unsere Mannschaft mit ihren Spielerinnen dabei noch spürbar Luft nach oben. Dafür, dass wir uns in dieser aussichtsreichen Position befinden, haben alle, die Spielerinnen, der Trainer und der DVV, in den letzten Jahren hart gearbeitet. Ich denke, es macht für niemanden Sinn, nach leichten Erschütterungen hier nun die Flinte ins Korn zu werfen. Aber wir haben gelernt: Es liegt auch noch Arbeit vor uns.“

Aber wie soll das Vertrauen von Mannschaft und Trainer zueinander wieder hergestellt werden?
Krohne: „Neben allen Emotionen gab es ja auch inhaltliche Kritikpunkte, mit denen wir umgehen müssen. Mein Kollege Michael Evers, Vizepräsident Sport, und ich haben in den letzten Tagen intensiv mit der Mannschaft und dem Trainer gesprochen. Wir wollen, dass sich alle Beteiligten offen in die Augen schauen und diese Punkte gemeinsam besprechen und ausräumen. Ich sehe es sogar positiv, dass sich zu diesem Zeitpunkt einige Emotionen entladen haben: Sie haben damit einen Prozess in Gang gesetzt, aus dem wir, wenn wir damit richtig umgehen, sogar gestärkt hervorgehen können.“

Wie soll dieser Prozess aussehen?
Krohne: „Michael Evers und ich wollen uns mit Mannschaft und Trainer zusammensetzen, um diese notwendigen Gespräche zu moderieren und zu begleiten. Wir haben einen der besten Trainer der Welt und eine herausragende Mannschaft. Beide haben in den letzten Tagen ihre Anforderungen und Erwartungen aneinander deutlich formuliert. Das, was nun auf dem Tisch liegt, muss gemeinsam besprochen werden, und am Ende muss ein gemeinsames Verständnis über die weitere Zusammenarbeit stehen. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.“

Der Bundestrainer hatte sogar seinen Rücktritt angeboten…
Krohne: „Es ist unmittelbar nach der WM viel gesagt worden. Giovanni Guidetti hat uns sein Wort gegeben, dass DVV-Team bis 2016 zu trainieren, er hat mir in einem persönlichen Gespräch am Wochenende noch einmal ausdrücklich bekräftigt, dass er dazu steht. Umgekehrt hatten wir ihm seinen Vertrag entsprechend verlängert und stehen ebenfalls weiter uneingeschränkt hinter ihm. Das gleiche gilt im Übrigen für die Mannschaft und die Spielerinnen. Wie groß ihr Potenzial ist, haben wir bei der letzten EM eindrucksvoll erlebt. Dieses Zutrauen zu Mannschaft und Trainer ist nicht dadurch zu erschüttern, dass es auf der Strecke einmal etwas holpert. Wir müssen uns nun gemeinsam mit den Wünschen der Spielerinnen an ihren Trainer und seinen Erwartungen an die Mannschaft auseinandersetzen. Giovanni trainiert in der Türkei eine der besten Mannschaften der Welt, bei uns muss er umschalten, es geht darum, eine sehr gute Mannschaft, die während der laufenden Saisons nicht zusammenspielt, zu entwickeln und zusammenzuführen. Damit ihm das gelingt, müssen die Spielerinnen ihn respektieren und ihm vertrauen. Für diesen Respekt und dieses Vertrauen müssen nun alle etwas tun. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich die Mühe dafür für alle Beteiligten lohnen wird. Bei der EM im kommenden Jahr, das wäre das Ziel, möchten wir – gemeinsam mit Mannschaft und Trainer – den deutschen Volleyballfans zeigen, dass sich alle zusammengefunden und dabei spürbar weiterentwickelt haben.“

Von:  weg/DVV

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