Wer wird in Timmendorf spielen? Der Qualifikationsmodus steht in der Kritik (Foto: Hoch Zwei/Jörn Pollex)

29Jun2020

Spieler sind unzufrieden mit „Road to Timmendorf“

Vor genau einer Woche hatte der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) verkündet, dass die Deutschen Meisterschaften Anfang September in Timmendorfer Strand trotz der Corona-Pandemie stattfinden können. Für die Qualifikation hat der Verband eigens die „Road to Timmendorf“ins Leben gerufen. Doch die kommt bei den Spielern nicht gut an. Sogar ein Boykott stand schon im Raum. Nun sollen klärende Gespräche stattfinden.

Worum es geht: Die Top-Acht-Teams beider Geschlechter sind für die DM gesetzt. Sie spielen im Juli und August pro Geschlecht jeweils drei Einladungsturniere als Vorbereitung. Die weiteren acht Startplätze für die Meisterschaften plus Nachrücker werden als „Ticket to Timmendorf“bei insgesamt sechs Qualifikationsturnieren – je drei pro Geschlecht – ausgespielt. Als Grundlage dient eine Rangliste über die letzten zwei Jahre. Bei jedem Quali-Turnier wird zudem eine Wildcard vergeben – entweder für Nachwuchsteams oder für verdiente Spieler in neuen Teamkonstellationen. 

Das Problem: „Das Spielsystem finden viele Spieler unfair“, sagt Spielervertreterin Melanie Gernert. Es würde acht Teams bevorzugen: die Nationalteams sowie ein paar andere Teams, die bereits lange und erfolgreich in genau dieser Konstellation zusammenspielen. Denn die Rangliste wird aus zwei unterschiedlichen Listen erstellt. Zum einen gibt es eine Timmendorf-Rangliste, bei der die besten Turnierergebnisse der Teams gewertet werden. Auf der anderen Seite gibt es eine Einzelrangliste, bei der die Punkte eines jeden Spielers zählen. Neu zusammengestellte Teams oder solche, die bisher kaum Turniere zusammen gespielt haben, haben für die Team-Rangliste keine oder nur wenige Ergebnisse vorzuweisen und daher einen Nachteil.

Ein weiterer Diskussionspunkt bei den Spielern ist die Verteilung der Gelder. Während die Top-Acht-Teams für ihr Einladungsturnier Antrittsgelder und Preisgeld erhalten, gehen die Teams des Qualifikationsturniers leer aus – abgesehen von den „Tickets to Timmendorf“. So wurde es zumindest zunächst vom DVV kommuniziert. Auch das Hygienekonzept liegt den Spielern nicht vor. Gerade für Athleten aus Risikogruppen ein wichtiger Punkt. „Nach Angaben von Melanie Gernert wurde ein Boykott der „Road to Timmendorf“unter den Spielern schon diskutiert. „Soweit sind wir aber noch nicht“, sagt die 33-Jährige.

Die Forderung der Spieler: Spielervertreter Melanie Gernert und Daniel Wernitz haben nach Absprache mit den Teams dem DVV ein anderes Spielsystem für die Qualifikation vorgeschlagen. Dies sieht vor, dass zunächst ein gemeinsames Turnier für die ersten 16 Teams der Rangliste stattfindet. Dabei werden acht „Tickets to Timmendorf“vergeben. Bei den zwei weiteren Events spielen jeweils zwölf noch nicht qualifizierte Teams um jeweils vier Startplätze. Die bereits qualifizierten Teams spielen dazu parallel ein Einladungsturnier. Beim ersten Turnier soll es noch keine Wildcard geben, bei den weiteren Quali-Turnieren dann jeweils eine.

Die Kommunikation: Die Spielervertreter waren in die Überlegungen für die „Road to Timmendorf“mit einbezogen und stimmten dem aktuellen Konzept auch zu. Melanie Gernert und Daniel Wernitz wiederum hatten versucht, die Spieler zu beteiligen, die sich allerdings zunächst nicht wirklich einbrachten. Erst mit Bekanntwerden des Konzepts wuchs der Widerstand. Mittlerweile habe allerdings jeder eine eigene Meinung und versuche seinen eigenen Vorteil aus der Sache zu ziehen, so Melanie Gernert. Einen Vorwurf, den sich auch die Spielervertreter anhören müssen. Dabei haben gerade die zwei keinen persönlichen Vorteil vom aktuellen Spielsystem. Die 33-Jährige bildet mit Olympiasiegerin Kira Walkenhorst in dieser Saison ein neues Team und muss sich daher ebenfalls erst für Timmendorf qualifizieren. Wernitz geht aufgrund einer Verletzung diesen Sommer überhaupt nicht in den Sand. 

Das sagt der DVV: „Ich glaube, da ist auf unserer Seite einiges in der Kommunikation stecken geblieben, da setze ich auch den Hut für auf“, gibt Volker Braun, kommissarischer Geschäftsführer der verbandseigenen Vermarktungsagentur Deutsche Volleyball Sport GmbH (DVS), zu. Aufgrund der fehlenden Informationen seien Fragen und Gerüchte entstanden. Einige Punkte hat der DVV bereits klar gestellt, so bekommen die Teams in der Qualifikation ebenfalls Antrittsgelder, Verpflegung und Hotelübernachtung.

Braun betont zudem, dass es ein Ausnahme-Jahr ist. „Wir haben wirklich versucht, einen fairen Modus zu finden.“Da auch die Spielervertreter daran beteiligt waren, ist er etwas überrascht, über den Unmut. „Wir haben nichts über die Köpfe der Spieler hinweg entschieden.“

Der Geschäftsführer ist vom geplanten Spielsystem weiterhin überzeugt. Zumal im März noch eine DM komplett ohne Qualifikation im Raum stand. „Jetzt haben auch die Plätze 17 bis 21 Qualifikationschancen“, sagt Braun. Um die Turniere mit weiteren Teams aufzustocken, würden Platz und Kapazitäten fehlen. Zudem sei der jetzige Modus für den TV-Partner Sport1 interessanter. „Wenn man alles abwägt, ist der Modus nicht schlecht.“

Um die Bedenken der Spieler auszuräumen, sucht Braun den Dialog. Am Freitag will er sich mit den Spielern in Düsseldorf, wo gerade die Beach Liga stattfindet, zusammensetzen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das regeln können.“

Von:  Lea Becker

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