Stimmungsvoller Empfang auf dem Flughafen in Catamarca. Foto: weg

15Jun2010

Wenn einer eine Reise macht…

Als ob die lange Reisezeit nicht schon Strafe genug wäre. 25 Stunden sollte der Transfer von Havanna über Panama City über Buenos Aires nach Catamarca dauern, inclusive eines Bustransfers innerhalb der argentinischen Hauptstadt vom internationalem zum nationalen Flughafen. Doch erstens wurde die deutsche Delegation im Bus sitzend um exakt halb acht Uhr morgens mit einem lautstarken Krachen aus ihrem Dämmerschlaf gerissen. Und zweitens waren es am Ende fast 30 Stunden „Weltliga on tour”.

Der Reihe nach: Beim Passieren einer Straßenunterführung in Buenos Aires hatte der doppelstöckige Bus die Unterseite der Brücke touchiert. Die Folge: Zwei Dachlukenfenster aus Glas zerbarsten in Tausende von Splittern, winzige wie mehrere Zentimeter große Stücke. Einige Spieler hatten im oberen Stock gesessen und Marcus Böhme erwischte es am heftigsten. Auf seinem Schoß und seinem Oberkörper bis zu den Haaren lagen unzählige Scherben und Splitter. Der Friedrichshafener begann auch zu bluten, da er einige Schnittwunden abbekommen hatte. Dabei hatte er noch Glück im Unglück, nicht am Hals oder im Gesicht gefährlicher verletzt worden zu sein.
Der Busfahrer hatte von dem Desaster zunächst nichts mitbekommen, seine Fahrt zum Flughafen fortgesetzt und dabei herunterhängende Baumäste berührt, die in die offenen Dachluken herein stießen und weitere Splitter vom Dach ins Businnere schoben.
Glücklicherweise waren es nur noch wenige Meter bis zum Flughafen, wo Mannschaftsarzt Toni Kass und Bundestrainer Raul mit Böhme die Ambulanz aufsuchten. Dort wurde der Mittelblocker Stück um Stück von den Splittern befreit, teils unter Einsatz von Tapebändern, mit denen Kass vorsichtig einige Splitterschichten lösen konnte. Lozano sorgte schließlich noch für das Auffinden einer Duschgelegenheit und nach fast einer Stunde konnte Böhme wieder zum Team stoßen.

Das hatte sich inzwischen mal wieder vor einem Fernseher versammelt, um WM-Fußball zu schauen, wie schon tags zuvor auf dem Flughafen von Havanna, wo die Mannschaft zumindest ab der zweiten Halbzeit das 4:0 der DFB-Auswahl gegen Australien noch erleben konnte.

Vom Flughafen Buenos Aires Pistarini aus sollte es um 13.15 Uhr nach Catamarca gehen, dem Spielort am dritten Weltliga-Wochenende gegen die Argentinier. Doch nach dem Schrecken im Bus kam die ernüchternde Information hinzu: „Delayed: Der Abflug verzögert sich um anderthalb Stunden.” Delegationsleiter Tom Schwenk nahm's gelassen hin: „Ob wir nun 26 oder 28 Stunden unterwegs sind, ist doch auch egal.” Am Ende war es eine vierstündige Verspätung.

Damit nicht genug: Bei der Landung in Catamarca (laut Reiseführer „ruhig, bisweilen verschlafen…”) setzte der Pilot die Maschine mit einem echt heftigen Aufsetzer auf die Piste, der nochmals für einen Schrecken sorgte. Aber dann wendete sich endlich das Blatt zum Guten. Gepäck komplett eingetroffen, ein stimmungsvoller Empfang durch zehn deutsche Austauschschülerinnen, die seit fast einem Jahr in Catamarca leben. Mit Deutschland-Fahnen und Fangesang begrüßten die jungen Damen das DVV-Team und werden es auch am Freitag und Samstag bei den Spielen unterstützen.

Die halbstündige Busfahrt zum Hotel Casino Catamarca wurde dann noch zu einem Déjà Vu: Doppelstöckiger Bus, enge Straßen, Baumäste, die an die Fenster schrammten. Marcus Böhme saß im übrigen tapfer wieder im Obergeschoss. Passiert ist nichts und als die Spieler auf ein wunderschönes Hotel mit Internetzugang auf allen Zimmern trafen, war die Müdigkeit erst einmal kein Thema mehr.

Von:  weg

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