Wieder mal haben die Deutschen das Nachsehen. Foto: CEV

25Sep2013

Männer-EM: Aus im Viertelfinale – 1:3 gegen Bulgarien

Deutschlands Männer-Nationalmannschaft hätte sich am Wochenende gern ein Kopenhagener Fußballstadion von innen angeschaut. Doch der Traum von der Teilnahme an den Halbfinals der Europameisterschaft, die im Parken-Stadion der dänischen Metropole ausgetragen werden, erfüllte sich nicht. Im Viertelfinale verloren die Deutschen in der Danziger Ergo Arena vor 4200 Zuschauern gegen Bulgarien mit 1:3 (30:28, 25:27, 22:25, 20:25). In den Halbfinals der EM 2013 stehen sich am Samstag Russland und Serbien sowie Bulgarien und Italien gegenüber.

Vor dem Viertelfinale hieß es im deutschen Lager, „alles ist möglich”, wie Diagonalangreifer Georg Grozer hoffte: „Wir müssen nur an unser Spiel denken, das wird entscheidend sein.” Größte Sorge hatte man vor Bulgariens Super-Star Tsvetan Sokolov, der schon in der Vorrunde mit 28 Punkten für Unruhe gesorgt hat. Im Kampf um den Halbfinaleinzug bekamen sie ihn erneut nie richtig unter Kontrolle. Am Ende brachte es Sokolov auf 29 Punkte.

Ausschlaggebender waren aber die flatternden Nerven und die eigenen Unzulänglichkeiten an diesem Abend. Zuspieler Lukas Kampa brachte es auf den Punkt: „Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht. In vielen Situationen waren wir nicht so clever wie in anderen Spielen. Das hat uns heute immer wieder zurück geworfen, obwohl wir oft genug in Führung waren.”

Jochen Schöps, der nach seiner Bauchmuskelverletzung erstmals wieder im 12er-Kader stand, aber nicht zu Einsatz kam, sagte: „In schwierigen Momenten haben wir nicht die richtigen Lösungen gefunden.” Man habe auch an den Gesichtern der Spieler gesehen, wer in diesem Match mehr Spaß hatte: „Und das waren leider die Bulgaren.” Auch auf der Rückfahrt ins Hotel kam natürlich keine Stimmung mehr auf, zu groß war noch die Enttäuschung über die Niederlage.

Noch nie haben ost- und westdeutsche Volleyballer in der Geschichte der europäischen Titelkämpfe Edelmetall gewonnen, mehr als vier vierte Plätze (1967, 1971, 1991 und 1993) gab es noch nie. Die deutsche Delegation darf Europas Bühne in diesem Jahr erhobenen Hauptes verlassen. Es war das zweite Duell gegen den Olympia-Vierten Bulgarien, in der Vorrunde hatten sich die Deutschen in einem Fünf-Satz-Krimi behauptet. Dazu kamen 3:0-Siege gegen Olympiasieger Russland sowie Tschechien und die DVV-Auswahl beendete die Vorrunde auf Platz eins.
Damit wurde sie dem Ruf einer Wundertüte gerecht, selbst Bundestrainer Vital Heynen kam aus dem Staunen nicht heraus: „Vor gut einer Woche dachte ich noch, wie schlecht wir sind”, sagte der Belgier, „und jetzt haben wir immerhin den Vorstoß unter die besten Acht in Europa geschafft.” Was nicht selbstverständlich ist, schließlich stellen die Europäer schon fast traditionell die stärksten Teams der Welt. Bei den Olympischen Spielen in London waren fünf europäische Nationen unter den ersten Sieben. Allmählich setzen sich die Deutschen auf diesem Level fest.

Im ersten Jahr des neuen olympischen Zyklus leitete Heynen mit Blick auf Rio 2016 einen Umbruch in seinem Team ein. Routiniers wie Ex-Kapitän Björn Andrae wollten nicht mehr unter ihm spielen, neue Kräfte nutzten ihre Chance und rechtfertigten das Vertrauen. Mit fünf EM-Debütanten reisten sie zur EM an, aus einer verunsicherten Mannschaft, die bei der EM vor zwei Jahren nach der Vorrunde sieglos ausgeschieden war, formte Heynen eine Einheit. Außenangreifer Christian Fromm lobt ihn, „denn er geht sehr intensiv auf uns ein und hat sehr viel Geduld.”

Auch DVV-Präsident Thomas Krohne schätzt die Dienste seines ranghöchsten Übungsleiters: „Vital Heynen ist ein extrem fanatischer Weltklassetrainer.” Gespräche über eine Vertragsverlängerung gab es bereits, Heynen soll bis 2016 bleiben. Auch wenn der Höhenflug erst einmal beendet ist, dürfen Deutschlands Volleyballer mit der Ausbeute zufrieden sein. Im Januar wird die nächste Hürde in Angriff genommen, dann steht die WM-Qualifikation der Männer an. Das Ticket für die Europameisterschaft 2015 in Bulgarien und Italien haben die Deutschen schon in der Tasche.

Statt Kopenhagen heißt es nun Kofferpacken für die Rückreise am Donnerstagmittag nach Deutschland und die Weiterreise in die Klubs. Vital Heynen äußerte immerhin bei der Pressekonferenz einen Wunsch für 2014. Gegen Bulgarien habe man das Viertelfinale in London bei den Olympischen Spielen verloren und nun auch bei der EM: „Aber bei der WM im nächsten Jahr will ich wieder gegen Bulgarien im Viertelfinale spielen und dann gewinnen wir!”
 
Beste Punktesammler Deutschland: Kaliberda (17), Grozer (16)
Beste Punktesammler Bulgarien: Sokolov (29), Yosifov (16)
 
Stimmen zum Spiel
DVV-Präsident Thomas Krohne: „Das Abschneiden der Männer ist trotzdem ein toller Erfolg. Wir sind direkt für die EM 2014 qualifiziert. Es war ein wichtiger Schritt im Lernprozess Richtung Rio. Bulgarien war schlagbar, leider gab es am Ende zuviele Eigenfehler.”
 
Bundestrainer Vital Heynen: „In einem Viertelfinale geht es nicht darum gut zu spielen. Man hat heute auf beiden Seiten gesehen, dass es ein Match mit Endspielcharakter war. Im 1. Satz und auch lange im zweiten sind wir ruhig geblieben. Der zweite Satz hat den Bulgaren Aufwind gegeben. Bei uns kam dann leider Unruhe auf, wie nach dem 10:5 im dritten Satz. In London haben wir im Viertelfinale nicht gespielt, als es gegen die Bulgaren ging, heute dagegen schon.”
 
Jochen Schöps: „Ich bin enttäuscht, weil wir nicht an die Leistungen der Vorrunde anknüpfen konnten. Es war kein guter Volleyball, eher ein sehr zerfahrenes Spiel. Die Bulgaren haben am Ende weniger Fehler gemacht und uns in der Annahme unter Dauerdruck gehalten.”
 
Sebastian Schwarz: „Spielerisch war das nicht das, was wir können. Auf beiden Seiten war spürbar, dass es für sie ein Endspiel war. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt. Das Resultat gibt das Spiel wieder.”
 
Lukas Kampa: „Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht. In vielen Situationen waren wir nicht so clever wie in anderen Spielen. Das hat uns heute immer wieder zurück geworfen, obwohl wir oft in Führung waren. Je weiter man kommt in so einem Turnier, desto größer wird die Anspannung. Wahrscheinlich werden wir erst in ein paar Tagen sagen können, dass es eine gute EM war, jetzt aber noch nicht.”
 
Camillo Placi (Trainer Bulgarien): „Es war kein so emotionales Spiel wie gestern gegen Polen. Das hat uns sehr viel Energie gekostet, aber trotzdem haben wir heute noch Lösungen gefunden, um zu gewinnen. Deutschland hat mich sehr beeindruckt bei dieser EM.”
 
Vladimir Nikolov (Teammanager Bulgarien): „Heute ging es nur ums Gewinnen. Die Deutschen waren ein sehr starker Gegner, wir mussten wirklich alles geben, um zu gewinnen.”

Viertelfinals in Aarhus (DEN), 25. September
Italien – Finnland 3:1 (-23, 22, 20, 20)
Belgien – Serbien

Viertelfinals in Danzig (POL), 25. September
Russland – Frankreich 3:1 (17, -17, 22, 21)
Bulgarien– Deutschland 3:1 (-28, 25, 22, 20)


Halbfinals in Kopenhagen (DEN),
Italien – Bulgarien
Russland – Serbien

Medaillenspiele in Kopenhagen (DEN), 29. September
Spiel um Platz drei: 15 Uhr
Finale: 18 Uhr

Mehr Informationen über www.eurovolley2013.dk

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