Berits Blog

Nationalspielerin Berit Kauffeldt schreibt auf www.volleyball.de in einem Blog über ihre Erlebnisse mit der DVV-Auswahl während der Sommermonate.

Unverhofft kommt oft…

Hanka und Mann im Durante

Nach acht Tagen Volleyball-Pause war es also wieder so weit. Ab Montag wollte ich mich mit einigen Spielerinnen, die nicht in Montreux dabei waren auf das Euro-League Wochenende in Griechenland (14./15.06) vorbereiten. Ich habe eine anstrengende, aber doch irgendwie lustige Woche erwartet. Charly (Davide Carli, Co-Trainer von Schwerin) und Micha Döring sollten das Training leiten (was meine Vorahnung ja unterstützt) und außerdem fand der ganze Spaß in Schwerin statt, wo ich zusammen mit meinem Freund Peter noch immer eine Wohnung habe. Ich war also zufrieden, dass ich zu Hause schlafen und essen konnte und genauso der DVV, der ein paar Euros sparen konnte. Aber irgendwie wurde es dann doch wieder eine Woche voller Überraschungen und Emotionen...

Das Training am Montag war noch freiwillig, eine Einheit Athletik im Sand und danach ab in Halle. Ab Dienstag sollte es dann ernst werden, Lena Stigrot, Lena Möllers, Anna Pogany und Jenny Pettke gesellten sich (mit etwas Verspätung) zu uns.

Der Höhepunkt meines Tages war allerdings, dass Peter seinen allerersten Arbeitstag als Kellner hatte und das auch noch in einer der schönsten Locations in Schwerin, dem Durante. Ein kleines, gemütliches Restaurantcafe, dass sein italienisches Konzept zu 100 Prozent authentisch und konsequent durchsetzt. Es wurde kürzlich von Hanka Durante (ehem. Pachale, lange Jahre Italien-Profi und Nationalspielerin) und ihrem Mann Luca eröffnet und war genau das, was mir in Schwerin noch gefehlt hat. Das italienische Personal mit holprigem deutsch und die italienischen Produktbezeichnungen mögen auf den ein oder anderen engstirnigen Deutschen merkwürdig wirken, für mich dagegen versprüht es italienische Lebensfreude und Lockerheit, die ich hierzulande oft sehr vermisse.

Mittwoch wurde der anstrengendste Tag, morgens ein ordentliches Beinkrafttraining, dass Michas Krafttrainer-Herz zum Lächeln bringt, dann noch Blocksprünge in der Halle. Mittags kurz einkaufen, kochen und nachmittags wieder fast drei Stunden Balltraining. Dementsprechend erschöpft sitzen um 20 Uhr alle auf dem Hallenboden und pflegen ihre mehr oder weniger schmerzenden Muskeln. Bis Micha nebenbei erwähnt "Wurde es eigentlich schon angesagt?". Alle so: ,Nö, was denn?" „Berti und Jenny, morgen früh um 07:22 Uhr geht Euer Zug, Ihr seid nachnominiert zum Euroleague-Wochenende in Stuttgart, Steffi Karg und Fürsti sind angeschlagen und Ihr werdet gebraucht! Zurück geht es am Sonntag nach dem Spiel mit dem Flugzeug.” Mein erster Gedanke: Wie cool! Eine Superchance, um mal in Deutschland zu zeigen, was ich kann. Ich bin glücklich, dusche fix und radle in neuer Rekordzeit (laut meinem Fahrradtacho) nach Hause, um schnell meine Tasche zu packen und einen riesigen Insalata Nizza zu essen, den Peter mir schon in Restaurantqualität vorbereitet hat - ich habe den besten Freund der Welt!

Die fast acht Stunden Zugfahrt am nächsten Tag verlaufen zum Glück problemlos, nur einmal umsteigen, gerade mal eine halbe Stunde Verspätung und Verpflegung aus meiner Lieblingsbäckerei (Bio-Bäcker, ca. 100 m von meiner Haustür entfernt). Mit Jenny an meiner Seite vergeht die Zeit wie im Flug, sorry, Zug. Das Training ist für 18 Uhr angesetzt und macht echt Spaß. Kurz vorher erfahren wir allerdings noch, dass Steffi und Fürsti möglicherweise doch spielen können, wir sind nur zur Absicherung gekommen. Na gut. Die endgültige Entscheidung wird uns Freitag Abend nach dem Training mitgeteilt.

An diesem Abend liegt aber erst einmal noch eine lustige Sache an. Da ich zur offiziellen Pressekonferenz meines neuen Vereins am Dienstag nicht erscheinen kann, wurde ich gebeten, ein kleines Video aufzunehmen, in dem ich mich ein wenig beschreibe und meine Entscheidung für den Verein begründe. Welcher Verein das ist, wird hier verraten: Impel Gwardia Wroclaw in Polen, wo ich auch auf Denise Hanke als Zuspielerin und Tore Aleksandersen als Trainer treffen werde.

Obwohl ich in solchen Angelegenheiten normalerweise nicht sonderlich talentiert bin und die ganze Sache auch noch auf englisch sein soll, gelingt es mir schon beim zweiten Versuch, ein brauchbares Video zu erstellen, mein Kameramann Jenny Pettke ist begeistert und ich schicke das Ding ab. Später am Abend macht mich Peter, dem ich das Video auch geschickt habe, darauf aufmerksam, dass man genau sieht, wie ich die ganze Zeit vor Aufregung mit meinen nackten Zehen spiele. Ich hatte meinen Fuß auf dem Sessel auf dem ich sitze abgestellt. Naja, immerhin war ich vor kurzem bei der Pediküre.  

Der Entscheidungstag beginnt mit einem kleinen Ausflug in die Stuttgarter Innenstadt und einer Runde Karten zocken im Park. Wir genießen die Sonne und tanken Kraft. Nach dem Abendtraining bittet Giovanni alle betroffenen Spielerinnen einzeln zum Gespräch. Ich bin die zweite. Ich trete ihm voller Hoffnung entgegen, doch mir wird mitgeteilt, dass Steffi Karg wegen der Knieverletzung nicht spielen wird, dafür aber Jenny Pettke ihren Platz einnehmen wird. Enttäuschung macht sich breit. Bitter! Ich bin zum Zuschauer degradiert.

Stadtbummel in Stuttgart

Das Spiel am Tag darauf endet mit einem ungefährdeten 3:0. Eine gute Leistung der Schmetterlinge (so werden wir ja neuerdings genannt) gegen schwache Spanierinnen. Jenny feiert ihr erstes Länderspiel, ich sehe die Freude in ihren Augen und gönne es ihr aus vollem Herzen. Nur eine Sache trübt meine Laune: Matze (Teammanager Matthias Willnat) eröffnet mir, dass nur für die Spielerinnen ein Rückflug gebucht wurde, die auch spielen. Was für mich bedeutet, dass ich die Rückfahrt wieder im Zug antreten darf (wieder knappe acht Stunden), dieses Mal aber alleine. Und dazu verpasse ich noch das zweite Spiel in der Porsche-Arena, um den letzten Zug nicht zu versäumen. Sehr bitter! Mir gehen Fragen über Respekt gegenüber jeder Spielerin durch den Kopf wie „Muss ich das wirklich mit mir machen lassen?” und „Soll das ein Scherz sein?”. Antwort: Ja und Nein, kein Scherz! Ich entscheide mich für eine zeitige Abreise, um abends noch ein Krafttraining in Schwerin absolvieren zu können...

Nun denke ich mir, Kopf hoch, und zum nächsten Angriff doppelt bereit sein. Nächstes Wochenende geht's nach Griechenland und es wird Zeit, meine Chance zu nutzen! Mitfliegen darf ich jedenfalls…

In diesem Sinne bis bald und bleibt sportlich,
Eure Berit

PS: Eine kleine Episode zum Thema „Unnützes Wissen”: Es ist nicht erlaubt, während des Spiels die Trikotärmel hochzukrempeln. Louisa Lippmann wurde vom ersten Schiedsrichter aufgefordert, ihr Trikot ordnungsgemäß zu tragen. Wenn der auf so was achtet wird mir klar, warum gelegentlich so einige Dinge übersehen werden...

Tänzchen mit Spikerella.
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